Ein paar Podcasts des Jahres

Für die wöchentliche Deutschlandfunk Kultur-Sendung Breitband habe ich im Laufe des Jahres immer wieder (für mich) wichtige Podcasts vorgestellt. Hier ein kurzer Rückblick. Und was all das für die gesamte Podcast-Landschaft bedeuten könnte.

„Missing Richard Simmons“ versucht das plötzliche Abtauchen des Entertainers & Sport-Gurus Richard Simmons zu erklären und – jetzt wird es problematisch – ihn aufzuspüren. Der Macher Dan Taberski bezeichnet sich als Freund, der sich Sorgen macht. Man muss wissen: Simmons war jahrzehnte lang nicht nur omnipräsent in den amerikanischen Medien, sondern auch sehr offen im Umgang mit seinen Fans. Das ist nun – vorbei. Der Podcast ist faszinierend nah dran, es ist eine investigative Spurensuche. Dass Simmons sich allerdings einfach nur entschieden haben könnte, ab jetzt die Öffentlichkeit zu meiden, mögen die Macher einfach nicht akzeptieren. Und dringen in seine Privatsphäre ein. Ethisch ziemlich fragwürdig. Ich habe das Gefühl: so in der Form wird es das nicht nochmal geben. (Hier meine Kritik zum Nachhören.)

Komplett im Alleingang hat Simon Meyborg seinen Podcast „Meyborg“ auf die Beine gestellt. Im Grunde begleitet er dabei die Markteinführung seines eigenen Produktes, eines Korns seinen Namens. Die Idee hat der enorm einflussreiche Podcast „StartUp“ auch schon, er begleitete dabei den Aufstieg einer, Achtung Meta, Podcast-Firma. Faszinierend ist bei diesem Konzept, dass man als Hörer Schritt für Schritt ganz nah dabei ist, beim Scheitern, beim Kampf, beim, nunja, Triumph. Natürlich ist das letztlich ein Marketing-Move von Meyborg. Da die Geschichte allerdings einen eigenen Sog entwickelt und er eben nicht ein glänzend-glattes Produkt abliefert, tritt der Verkaufscharakter schnell in den Hintergrund. Wie schwierig es ist, eine Geschichte ohne rechte Entwicklung zu erzählen, zeigt dann allerdings die zweite Staffel des Podcasts. (Hier meine Kritik zum Nachhören.)

Die Aufregung um die neue Staffel „Twin Peaks“ bestimmte zumindest meine Twitter-TImeline. Einleuchtend, dass auch in der Podcastwelt darauf reagiert wurde, mit einer wahren Flut an Laberpodcasts. Und zwar von embedded Kulturjournalisten gleichermaßen wie enthusiasmierten Nerds. Die einen hatten vielleicht dank Beziehungen Insider am Mikro, die anderen machten es durch uneitle (Fehl-)Interpretationen wieder wett. So hatten beide Seiten ihren Wert. Und leicht konnte man pro Folge im Nachklang nochmal acht Stunden dazu hören. Irrsinn, natürlich. Aber auch super, wenn Nerdtum so um sich greift. Dass so allerdings auch nicht der große Mainstream erreicht wird, ist auch klar. Und völlig richtig so. (Hier meine Kritik zum Nachhören.)

Apropos Nerds. Tief taucht der Podcast „The Polybius Conspiracy“ in die Welt von urbanen Mythen und Verschwörungstheorien ein. Es geht um ein mysteriöses Computerspiel, das in den 80ern auftauchte – und wieder verschwand. Und bis heute einige Leute in abgeschiedenen Winkeln des Internets beschäftigt. Dieser Podcast zerrt die Geschichte an Licht, für eine breitere Öffentlichkeit. Es gibt erstaunliche Wendungen und Cliffhanger. Und die Frage: Um Himmels Willen, ist das vielleicht doch alles inszeniert? (Hier meine Kritik zum Nachhören.)

Wie läßt sich heute journalistisch ambitioniert über Musik schreiben und sprechen? Ist Pitchfork das Ende der Fahnenstange? Ich weiß nicht, ob das sein Anspruch war, aber der „Dissect„-Podcast eröffnet dem Genre Plattenkritik ganz neue Welten. In jeder Folge wird über einen einzelnen Song gesprochen,über Texte, über Zusammenhänge zur Biographie, über Einflüsse, immer mit der entsprechenden Musik unterlegt. Im Grunde sind das Essays. In der ersten Staffel geht es um Kendrick Lamars „To Pimp a Butterfly“, aktuell um Kanye Wests „My Beautiful Dark Twisted Fantasy“. (Hier meine Kritik zum Nachhören.)

Generell kann man anhand dieser paar Beispiele nachvollziehen, wie sich das Pseudo-Genre Podcast, das ja im Grunde nur Audio-Format bedeutet, immer weiter auffächert. Und über Probleme stolpert, die überall sonst auch auftreten: journalistische Ethik, Trennung von Fiktion und Fakt, die Rolle des Erzählenden. Und, wie im letzten Beispiel, zeigt es auch, dass es noch viel Spielraum gibt, Entwicklungsmöglichkeiten. Dass in der Zukunft Print-, Audio- und Bild-Journalismus sich gleichermaßen auch von Podcasts profitieren kann. Durch neue Ideen, Twists, Umsetzungen.