Abgerüstet

Die geballte Power vom Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk – also die investierte Arbeit, das Geld, die Manpower – zeigt sich oft am stärksten im Vergleich mit eigenständigen Produktionen: je aufwändiger, je ambitionierter die Idee, desto schwerer wird es zu bestehen. Besonders bei Features und Hörspielen. Die Erwartungshaltung der Hörer ist hoch, der Standard ist seit Jahrzehnten gesetzt. Vieles klingt dann leicht amateurhaft im Vergleich. (Das kann natürlich ein Reiz an sich sein. Aber darum geht es mir gerade nicht.) Also: Wie wie kann man im Vergleich mit den großen Produktionen der Sender mithalten? Zum Beispiel durch Reduktion.

“2298” ist ein ambitionierter Versuch des FateCrafters Studios, eines sogenannten Audio Drama Networks aus Washington. Die Story: Die Erde ist quasi zerstört, nur das Internet existiert noch, Menschen sind zu “Profilen” reduziert. Wir hören die Gedanken eines traurigen, völlig isolierten Mannes, der seine Stimme in einem Audio-Tagebuch aufzeichnet.

Den Machern ist die Begrenztheit ihrer Mittel offensichtlich klar gewesen, deshalb haben sie sich entschieden abzurüsten: stimmungsvolle Musik zwischen Postrock und Dronesounds, ein Sprecher, ein Mikro, ein bisschen Stimmverzerrung. Das war´’ s. Es gibt keine Atmo-Sounds, keine großartigen Effekte. Und das ist gleichzeitig die Grundprämisse der Geschichte, genau das ist offensichtlich in die Konzeption eingeflossen: wir hören die Isolation. (Wobei: Der Mann wirkt relativ gut gelaunt für seine desaströse Situation, ich klänge da vermutlich weniger aufgeräumt, nunja. Das ist eben der Charakter des Mannes.)

Durch ein derart reduziertes Soundarsenal wird natürlich der Fokus des Hörers extrem stark auf die Geschichte gelenkt. Das ist der Haken: man kann zum Beispiel eine eventuelle fehlende Logik eines Gedankensprungs nicht durch eine Actionsequenz plattmachen (ja, ich spreche von Hollywood). Solche Schwächen werden dann gnadenlos freigelegt. Aber insgesamt ist das eine extrem unterhaltsame, eigenständig produzierte Science-FIction-Serie. Die mit acht Minuten pro Folge auch immer schön zwischendurch wegzusnacken ist. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass man mit einer derartigen Idee im ÖRR wohl kaum unterkommen könnte.

(Wie die Show auch eine sehr gute Marketingkampagne gefahren hat, erfährt man hier. Über diese sehr gute Seite bin ich auch auf den Podcast gekommen.)